Bargeldlos im Bus: Zukunft des Bezahlens
Vorstand Albert Pastötter über die Chancen von Karten, Wallets und Apps
Der Kreistag debattierte im Juli über das Bezahlsystem für die landkreisweiten Rufbusse, die ab 2026 fahren sollen. Hierfür wird auf bargeldlose Zahlverfahren gesetzt. Kunden, die nur auf Scheine oder Münzen zurückgreifen können, wären allerdings damit von der Fahrt ausgeschlossen, lautete unter anderem die Kritik. Ist dieser Vorwurf gerechtfertigt?
Albert Pastötter: In der Presse liest man immer wieder über emotionale Diskussionen im Zusammenhang mit der konsequenten Einführung eines bargeldlosen Zahlverfahrens im regionalen Nahverkehr. Doch mit der mittlerweile verfügbaren Terminal-Technik auf technisch höchstem Stand und der nahezu 100-prozentigen Abdeckung von Giro- und Kreditkarten in der Bevölkerung ist diese Debatte längst überholt. Durch die mittlerweile fest etablierte Kontaktlos-Funktion und der bei Kleinstzahlungen meistens nicht mehr notwendigen Eingabe einer PIN ist das bargeldlose Bezahlen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und hierbei ist folgendes zu Bedenken: Jeder, der sich am Geldautomaten Bargeld abheben kann, der kann grundsätzlich auch im Bus bezahlen.
Ein Kreisrat verwies auf mögliche technische Störungen in den Bussen, etwa durch fehlenden Mobilfunkempfang. Wie sehen Sie das?
Pastötter: Auch das Argument einer notwendigen Netzabdeckung, wie es in der Diskussion immer wieder verwendet wird, ist nach dem heutigen Stand der Technik überholt und eine Netzverbindung bei entsprechenden Zahlungen in der Regel nicht mehr notwendig. Die Nachteile der Barzahlung überwiegen die Vorteile von bargeldlosen Zahlverfahren gerade im regionalen Nahverkehr bei weitem.
Die wären?
Pastötter: Ich möchte hier nur einige Stichpunkte nennen: Fahrplanstabilität, Zeitaufwand, Sicherheit für das Personal, hohe Kosten im Zusammenhang mit der Kleingeldverwaltung, Falschgeld, Hygiene, und so weiter. Voraussetzung für einen reibungslosen bargeldlosen Zahlungsverkehr ist allerdings die Verwendung der richtigen Terminal-Technik in den Bussen, damit auch die flächendeckend verbreitete Girocard (ehemals ec-Karte) und die gängigen Kreditkarten immer – auch bei instabilen Mobilfunknetzen – funktionieren.
Was machen Gäste, wenn Sie tatsächlich nur Bargeld haben?
Pastötter: Laut aktuellen Statistiken der Bundesbank besitzt jeder Bundesbürger in Deutschland über 14 Jahren mindestens eine Girocard oder Kreditkarte. Zusätzlich nutzen mittlerweile immer mehr Menschen ihre Karten über die beliebten Wallets wie ApplePay und GooglePay in deren Smartphones und Wearables. Die Nutzungsquote gerade von touristischen Gästen in unserer Region ist sicherlich ähnlich hoch – gerade vor dem Hintergrund, dass wir in Deutschland bei der Nutzung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs den anderen Ländern nachweislich noch hinterherhinken, mache ich mir gerade um die Feriengäste keine Sorgen. Für viele unserer in- und ausländischen Urlauber ist das bargeldlose Bezahlen bereits stark im Alltag verwurzelt. So wird zum Beispiel die Kreditkarte in der Londoner U-Bahn als Zahlungsmittel und gleichzeitig als Ticket genutzt.
Was wird sonst in den Bussen akzeptiert?
Pastötter: So vielfältig wie der regionale Nahverkehr ist, so vielfältig sind auch die genutzten Zahlverfahren. Die üblichen Zahlungsmittel in Linienbussen sind Bargeld und Kartenzahlungen (mit der physischen Karte wie auch kontaktlos und digital).
Welche modernen Bezahlmethoden gibt es generell?
Pastötter: Neben den bargeldlosen Zahlverfahren mit einer physischen Karte verbreiten sich in den letzten Jahren vor allem Wallet-Lösungen, in denen eine digitale Karte hinterlegt wird. Wallets sind Apps auf den gängigen Smartphones und Wearables, über die bequem meistens über die sogenannte NFC-Schnittstelle bezahlt werden kann. Zu nennen sind hier vor allem ApplePay, GoolgePay und Paypal. Außerdem kommen mittlerweile vermehrt digitale Bezahl-Apps von Handelsunternehmen wie von Rewe, Loyalty-Programme wie von Payback und sogenannte Peer-to-Peer-Zahlungsdienste (P2P) wie WERO auf den Markt. P2P-Dienste ermöglichen den Geldversand zwischen Privatpersonen per Smartphone-App. Der bekannteste Anbieter in diesem Bereich ist PayPal. Der Dienst, der hier zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist WERO.
Warum gewinnt WERO zunehmend an Bedeutung?
Pastötter: WERO wurde als Alternative der marktbeherrschenden US-Anbieter (VISA, Mastercard, PayPal) von 16 europäischen Bankenverbänden entwickelt. In der aktuellen Ausbaustufe ist das Begleichen von Geldbeträgen schnell, einfach und bequem möglich. Im nächsten Jahr wird das System auch im Onlinehandel und als letzte Ausbaustufe auch im stationären Handel möglich sein. Aktuell sind bei WERO bereits 40 Millionen Kunden angemeldet. In Deutschland sind viele große Bankenverbände wie die Volksbanken Raiffeisenbanken, Sparkassen, Commerzbank sowie Onlinebanken wie die ING und Revolut angeschlossen.
Welche Zahlungsmittel könnten in Zukunft hinzukommen?
Pastötter: Zukünftig könnte auch der Digitale Euro der Europäischen Zentralbank ein weiteres Zahlungsmittel werden, das die Möglichkeiten erweitern würde. Die Pläne für die gesetzliche Grundlage sind noch im EU-Parlament in der Ausarbeitung. Wenn hier erste Beschlüsse vorliegen, wird die genaue Ausgestaltung über die Einsatzmöglichkeiten entscheiden.
Wie groß ist die Skepsis gegenüber mobilem Bezahlen?
Pastötter: Mobiles Bezahlen ist ein differenziert verwendeter Begriff, nicht für jeden bedeutet es das Gleiche. Für einige ist das Bezahlen mit Karte bereits mobil – für andere erst mit der Smartwatch oder dem Handy. Im Zusammenhang mit der Bezahlung im öffentlichen Nahverkehr geht es um das bargeldlose Bezahlen. Hierbei gibt es sicherlich noch Zurückhaltung bei einzelnen Bürgerinnen und Bürgern, die damit verbundenen Vorteile liegen allerdings auf der Hand. Wichtig in diesem Zusammenhand ist, wie erwähnt, dass erstens nahezu jeder mit einer entsprechenden Girocard oder Kreditkarte ausgestattet ist und zweitens die richtige Terminal-Technik in den Bussen verwendet wird.
In welchen Bereichen werden moderne Bezahlmethoden angewendet?
Pastötter: Mobiles Bezahlen findet im Alltag immer mehr Relevanz. So ist für mich das Handy für die Bezahlung des Wocheneinkaufs mittlerweile zum Standard geworden. Und diese Bezahlform wird auch von immer mehr Unternehmen angeboten. So stieg die Akzeptanz von Kartenzahlungen von 2021 bis 2023 auf 81 Prozent im stationären Handel (+20 %-Punkte). Doch auch im Internet sind verschiedene Bezahlmethoden immer beliebter. Zahlungsanbieter wie Apple und PayPal bieten in vielen Onlineshops einen „Express Check-Out“ an, wodurch mit wenigen Klicks die Bestellung abgeschlossen und bezahlt werden kann. Wir erwarten aber mit dem Start des neuen europäischen Anbieters WERO und - je nach Ausgestaltung - dem „Digitalen Euro“ eine laufende Weiterentwicklung bei den genutzten Bezahlverfahren.
Warum erhitzt die bargeldlose Option die Gemüter?
Pastötter: Aufgrund der rasanten technischen Entwicklung in den letzten Jahren ist das technische Wissen, was moderne Zahlverfahren heute bieten, oftmals nicht vorhanden oder veraltet. Die Gemüter erhitzt meines Erachtens jedoch nicht die bargeldlose Option, sondern die Diskussion über eine etwaige Abschaffung des Bargelds. Und eine Abschaffung von Akzeptanzstellen ist für manche der erste Schritt zur Abschaffung des Bargelds.
Doch gerade in Deutschland ist Bargeld auch ein Teil von gefühlter Sicherheit und verspricht eine gewisse Anonymität, die auch Sinn macht. Fakt ist aber, dass es aktuell keine Pläne zur Abschaffung des Bargelds durch die EZB gibt. Daher wird Bargeld auch zukünftig eine zentrale Zahlungsform bleiben, auch wenn die Bedeutung bargeldloser Verfahren weiter zunehmen wird.
Hat Bargeld eine Zukunft?
Pastötter: Aus meiner Sicht wird Bargeld die nächsten Jahre zwar an Relevanz im Alltag verlieren, aber gegen eine Abschaffung sprechen die klaren Mehrheitsverhältnisse in der Bevölkerung. Auch ich habe in meinem Handy immer ein oder zwei Scheine dabei, falls ich doch mal etwas Bargeld brauche. Von daher sehe ich das Bargeld nicht am Ende, sondern die Möglichkeiten für Zahlungen werden erweitert. Jeder soll und kann zukünftig so bezahlen, wie es am besten passt.
Was sind die Vorteile der digitalen Möglichkeiten?
Pastötter: Erstens, für mich ist der größte Vorteil, dass es praktisch, einfach und bequem ist. Ich kann in der Mittagspause nur mit meiner Karte, meinem Handy oder Uhr zum Bäcker gehen und mir mein Mittagessen kaufen. Ohne davor zu schauen, ob ich genug Bargeld dabeihabe, ohne das Wechselgeld zu zählen und am Ende noch die Münzen zu wechseln. Und mit meiner BankingApp am Handy habe ich meinen Kontostand immer im Blick und so die volle Kontrolle über meine Ausgaben.
Zweitens, auch der Sicherheitsaspekt ist höher als bei Bargeld. Falls ein Geldbeutel verloren geht, muss man auf die Ehrlichkeit des Finders hoffen, um sein Bargeld zurückzubekommen. Bei Karte oder Handy reicht es, diese zu sperren – somit ist der Schaden in der Regel deutlich geringer.
Und drittens, natürlich nicht zu vergessen, ist die hohe Bequemlichkeit – Handy an das Terminal – ein kurzer Peep – Bezahlvorgang abgeschlossen. Das ist bequem, praktisch und erleichtert den Alltag.
Und welche Vorteile haben Unternehmen?
Pastötter: Für Unternehmen hat die Kartenzahlung den Vorteil, die Bargeldbestände zu reduzieren. Einerseits bergen hohe Bargeldbestände auch entsprechende Risiken – auf der anderen Seite ist die Bargeldver- und -entsorgung mit erheblichen Kosten verbunden. Dazu kommen die Risiken durch Fehler, die bei bargeldlosen Bezahlvorgängen stark reduziert werden können.